„Atomic habits“

Besprechung von James Clear, „Atomic Habits – Tiny Changes, Remarkable Results“

Durch einen Tipp auf einem Webinar bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Es eines dieser unzähligen Bücher zur „Persönlichkeitsoptimierung“, von denen ich im Allgemeinen glaube, dass sie die Genialität der Menschheit per Saldo nicht verbessert haben. Dennoch möchte ich bei diesem Buch einen Unterschied machen.

Gewohnheiten sind automatisierte Verhaltensweisen, ohne die wir lebensunfähig wären. Die meisten unserer Gewohnheiten müssen irgendwie sinnvoll sein, ansonsten wären wir genau das: lebensunfähig. Jeder weiß jedoch, dass dies keineswegs für alle Gewohnheiten gilt. Alle mir bekannten Bücher über Perönlichkeitsentwicklung befassen sich mit der Frage, wie man automatisiertes Denken und Handeln zum eigenen Nutzen verändern kann, wie man also z.B. unliebsame Gewohnheiten, Arten, „die Welt“ zu sehen, sich das Leben schwer zu machen usw. verändern kann. Das Gros der Literatur setzt hierbei bei der Richtung an, in die man blickt oder läuft. Dies ist bei diesem Buch anders: es setzt an an der Frage, wie man läuft. Es fokussiert auf die Bewegung, nicht auf das Ziel. Der Gedanke dahinter: „Verlierer“ und „Gewinner“ verfolgen die gleichen Ziele, also können diese nicht den Unterschied machen. Guter Gedanke!

Der Unterschied liegt nach Meinung des Autors darin, wie wir den Weg zum Ziel bestreiten. Dabei arbeitet er drei Handlungsebenen heraus: das Resultat, den Prozess und die persönliche Identität hinter dem Prozess. Es fühlt sich anders an, zu sagen „ich laufe“ (Prozess) oder „ich bin ein Läufer“ (Identität).

Eine Identität entwickelt man durch Gewohnheiten. Gewohnheiten können Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsgewohnheiten sein. Irgendein Mensch hat mal gesagt: „Du kannst von Dir denken, was Du möchtest, Du wirst immer Recht behalten.“ Will sagen: die persönliche Identität entscheidet, ob man etwas zur Gewohnheit werden lässt oder ob man wieder ablässt. Es geht nicht um das Verhalten, sondern den Antrieb dahinter. An diesen muss herankommen, möchte man Gewohnheiten verändern. Der Autor betont, dass es oftmals nur sehr geringe Änderungen sind, die den Unterschied machen.

Gewohnheiten laufen nach einer Folge ab:

  • Auslösereiz
  • Verlangen
  • Reaktion
  • Belohnung

Für die Etablierung gewünschter Gewohnheiten bedarf es also Kopplung von gewünschtem Verhalten an einen Auslösereiz. Umkehrt muss man sich bei der Umgestaltung unnützer Gewohnheitenan den Punkt der Auslösung dieser Gewohnheit gelangen, um noch eine Wahl zu haben.

Gewohnheiten entwickeln sich in vier Phasen:

  • Unbewusstheit
  • Bewusste Wahrnehmung des Auslösereizes und des Folgeverhaltens
  • Bewusste Änderung des Verhaltens nach dem Auslösereiz
  • Unbewusstes Verhalten als Reaktion auf einen Auslösereiz

Die Unbewusstheit ist also der Ausgangs- und der Endpunkt der Veränderung. Sie bedeutet Eleganz und niedrigen Energieaufwand. Man weiß dann nicht mehr, warum man bei Radfahren nicht mehr hinfällt. Gleichgewichthalten ist einfacher geworden als es nicht zu halten.

Um an Auslösereize heranzukommen, schlägt der Autor eine Scorecard vor, in der die Gewohnheiten aufgeschrieben und bewertet werden: gut (+), neutral(=) und schlecht (-). Dann kann man sich die Reaktionen bewusst machen, die man nicht haben muss.

Sind diese Gewohnheiten mitsamt ihrer Auslösereize bewusst, dann möchte man sie verändern. Möchte man völlig neue Gewohnheiten im eigenen Repertoire verankern, dann muss man zunächst Auslösereize willkürlich schaffen. Hierzu bietet James Clear zwei Möglichkeiten an:

  1. Die Realisierungsintention, ein Termin mit sich selbst. Man formuliert autosuggestiv: „ich werde um <ZEITANGABE> in <ORT> <VERHALTEN“.
    • Beispiel: „ich werde zum Piepen meiner Armbanduhr zur vollen Stunde aufstehen und ein Glas mit 0,3 l Wasser einfüllen und trinken.“
  2. Die Gewohnheitskopplung – Autosuggestion: „Nachdem ich <ALTE GEWOHNHEIT>, werde ich <NEUE GEWOHNHEIT>.“
    • Bestehende Gewohnheiten werden zum Auslösereiz für neue Verhaltensweisen, die durch Wiederholung zur Gewohnheit werden.
    • Beispiel: „Wenn ich eine Treppe sehe, dann nutze ich die Gelegenheit und gehe diese Treppe zu Fuß.“
    • Beispiel: „Wenn das Telefon klingelt, atme ich tief durch und lächle, bevor ich den Hörer abnehme.“
  3. Umfeldanpassung: von Supermärkten kennt man, dass hochpreisige Waren in Augenhöhe platziert werden. Der Gedanken dahinter lässt sich für eigene Zwecke nützlich machen. Eine gute Idee dabei ist, jeder Tätigkeit einen Ort zuzuordnen, also etwa am Esstisch nur zu essen, auf dem Sofa keine Emails zu beantworten und auf dem Notebook kein Social-Networking zu betreiben. Damit können Lebensbereiche getrennt und z.B. bei der Arbeit ein Ende gefunden werden. Auf diese Weise werden Umfelder und örtlich-räumliche Kontexte zu Auslösereizen.

… Fortsetzung folgt …